08: Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht

Inkrafttreten: 1-I-1962


 

 

 

ÜBEREINKOMMEN ÜBER DAS AUF UNTERHALTSVERPFLICHTUNGEN GEGENÜBER KINDERN ANZUWENDENDE RECHT

vom 24. Oktober 1956[1]

 

Die Signatarstaaten dieses Übereinkommens haben,

Von dem Wunsch geleitet, gemeinsame Bestimmungen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht festzusetzen,

Beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schließen, und haben die folgenden Bestimmungen vereinbart:

 

Artikel 1

(1)  Ob, in welchem Ausmaß und von wem ein Kind Unterhalt verlangen kann, bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(2)  Wechselt das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so wird vom Zeitpunkt des Aufenthaltwechsels an das Recht des Staates angewendet, in dem das Kind seinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(3)  Das in den Absätzen 1 und 2 bezeichnete Recht gilt auch für die Frage, wer die Unterhaltsklage erheben kann und welche Fristen für die Klageerhebung gelten.
(4)  „Kind" im Sinne dieses Übereinkommens ist jedes eheliche, uneheliche oder an Kindes Statt angenommene Kind, das unverheiratet ist und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Artikel 2

(1)  Abweichend von den Bestimmungen des Artikels 1 kann jeder Vertragsstaat sein eigenes Recht für anwendbar erklären,

a) wenn der Unterhaltsanspruch vor einer Behörde dieses Staates erhoben wird,
b) wenn die Person, gegen die der Anspruch erhoben wird, und das Kind die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzen und
c)wenn die Person, gegen die der Anspruch erhoben wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staat hat.

Artikel 3

Versagt das Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ihm jeden Anspruch auf Unterhalt, so findet entgegen den vorstehenden Bestimmungen das Recht Anwendung, das nach den innerstaatlichen Kollisionsnormen der angerufenen Behörde maßgebend ist.

Artikel 4

Von der Anwendung des in diesem Übereinkommen für anwendbar erklärten Rechts kann nur abgesehen werden, wenn seine Anwendung mit der öffentlichen Ordnung des Staates, dem die angerufene Behörde angehört, offensichtlich unvereinbar ist.

Artikel 5

(1)  Dieses Übereinkommen findet auf die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Verwandten in der Seitenlinie keine Anwendung.
(2)  Das Übereinkommen regelt das Kollisionsrecht nur auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht. Der Frage der sonstigen familienrechtlichen Beziehungen zwischen Schuldner und Gläubiger und der Frage der Abstammung kann durch Entscheidungen, die auf Grund dieses Übereinkommens ergehen, nicht vorgegriffen werden.

Artikel 6

Dieses Übereinkommen findet nur auf die Fälle Anwendung, in denen das in Artikel 1 bezeichnete Recht das Recht eines Vertragsstaats ist.

Artikel 7

(1)  Dieses Übereinkommen liegt für die bei der Achten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf.
(2)  Es bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt.
(3)  Über jede Hinterlegung einer Ratifikationsurkunde wird eine Niederschrift aufgenommen; von dieser wird jedem Unterzeichnerstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift übermittelt.

Artikel 8

(1)  Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tag nach der gemäß Artikel 7 Absatz 2 vorgenommenen Hinterlegung der vierten Ratifikationsurkunde in Kraft.
(2)  Für jeden Unterzeichnerstaat, der später ratifiziert, tritt das Übereinkommen am sechzigsten Tag nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

Artikel 9

(1)  Dieses Übereinkommen gilt ohne weiteres für das Mutterland der Vertragsstaaten.
(2)  Wünscht ein Vertragsstaat, das Übereinkommen in allen oder einzelnen sonstigen Hoheitsgebieten in Kraft zu setzen, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, so notifiziert er diese Absicht durch eine Urkunde, die beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt wird. Dieses übermittelt jedem Vertragsstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift.
(3)  Erhebt ein Staat binnen sechs Monaten nach dieser Mitteilung keinen Einspruch, so tritt das Übereinkommen zwischen ihm und jedem Hoheitsgebiet in Kraft, für das der Staat, der dessen internationale Beziehungen wahrnimmt, die Notifizierung vorgenommen hat.

Artikel 10

(1) Jeder bei der Achten Tagung der Haager Konferenz nicht vertretene Staat ist zum Beitritt zu diesem Übereinkommen zugelassen, es sei denn, daß ein oder mehrere Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, binnen sechs Monaten, nachdem die Niederländische Regierung deren Beitritt mitgeteilt hat, dagegen Einspruch erheben. Der Beitritt wird in der in Artikel 7 Absatz vorgesehenen Weise vollzogen.
(2) Es besteht Einverständnis darüber, daß ein Beitritt erst erfolgen kann, nachdem das Übereinkommen gemäß Artikel 8 Absatz 1 in Kraft getreten ist.

Artikel 11

Jeder Vertragsstaat kann sich bei Unterzeichnung oder Ratifizierung dieses Übereinkommens oder bei seinem Beitritt vorbehalten, es nicht auf die an Kindes Statt angenommenen Kinder anzuwenden.

Artikel 12

(1)  Die Geltungsdauer dieses Übereinkommens beträgt fünf Jahre, von dem in Artikel 8 Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt an gerechnet.
(2)  Dies gilt auch für Staaten, die das Übereinkommen später ratifizieren oder ihm später beitreten.
(3)  Das Übereinkommen wird - außer im Falle der Kündigung - um jeweils fünf Jahre stillschweigend verlängert.
(4)  Die Kündigung ist spätestens sechs Monate, bevor die Geltungsdauer endet, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren; dieses gibt allen anderen Vertragsstaaten davon Kenntnis.
(5)  Die Kündigung kann sich auf alle oder einzelne Hoheitsgebiete beschränken, die in einer gemäß Artikel 9 Absatz 2 erfolgten Notifizierung aufgeführt sind.
(6)  Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.

 

Zu Urkund dessen haben die ordnungsgemäß ermächtigten Unterzeichneten dieses Übereinkommen gefertigt.

Geschehen in Den Haag, am 24. Oktober 1956, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven der Regierung der Niederlande hinterlegt werden wird und von der eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege jedem der bei der Achten Session der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten und den später beitretenden Staaten übermittelt werden wird.


[1] Deutschland: Bundesgesetzblatt 1961 Teil II, No 36, S. 1005, 1012.
Österreich: Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, BGBl Nr. 293/1961.
Schweiz: Feuille Fédérale, 1964, I, S. 513.