01: Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht

Inkrafttreten: 15-VII-1955



 

Gemeinsame deutsche Übersetzung, abgestimmt zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz im Jahr 2006.

 

 

SATZUNG DER HAAGER KONFERENZ FÜR INTERNATIONALES PRIVATRECHT

(In Kraft getreten am 15. Juli 1955
Geändert am 30. Juni 2005)

Die Regierungen der nachstehend genannten Staaten:

Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, Italien, Japan, Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Portugal, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Schweden und Schweiz,

in Anbetracht des ständigen Charakters der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht,

von dem Wunsch geleitet, diesen Charakter zu betonen,

in der Einschätzung, dass es sich zu diesem Zweck empfiehlt, der Konferenz eine Satzung zu geben,

haben die folgenden Bestimmungen vereinbart:

Artikel 1

Die Haager Konferenz hat die Aufgabe, an der fortschreitenden Vereinheitlichung der Regeln des Internationalen Privatrechts zu arbeiten.

Artikel 2

(1) Mitglieder der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht sind die Staaten, die bereits an einer oder mehreren Tagungen der Konferenz teilgenommen haben und diese Satzung annehmen.

(2) Mitglieder können alle anderen Staaten werden, deren Teilnahme für die Arbeiten der Konferenz von juristischem Interesse ist. Über die Zulassung neuer Mitgliedstaaten entscheiden die Regierungen der teilnehmenden Staaten auf Vorschlag einer oder mehrerer von ihnen mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag, an dem die Regierungen mit dem Vorschlag befasst worden sind.

(3) Die Zulassung wird mit der Annahme dieser Satzung durch den betreffenden Staat wirksam.

Artikel 3

(1) Die Mitgliedstaaten der Konferenz können in einer Sitzung über Allgemeine Angelegenheiten und die Politik der Konferenz, bei der die Mehrheit der Mitgliedstaaten anwesend ist, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließen, auch Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die beim Generalsekretär einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt haben, als Mitglied zuzulassen. In dieser Satzung schließen Bezugnahmen auf Mitglieder diese Mitgliedsorganisationen ein, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Zulassung wird mit der Annahme der Satzung durch die betreffende Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration wirksam.

(2) Um die Mitgliedschaft in der Konferenz beantragen zu können, muss eine Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration eine ausschließlich von souveränen Staaten gebildete Organisation sein, der ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für eine Reihe von in den Zuständigkeitsbereich der Konferenz fallenden Angelegenheiten übertragen haben, einschließlich der Befugnis, in diesen Angelegenheiten Beschlüsse zu fassen, die für ihre Mitgliedstaaten bindend sind.

(3) Jede Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, welche die Mitgliedschaft beantragt, gibt bei der Antragstellung eine Zuständigkeitserklärung ab, in der die Angelegenheiten bezeichnet sind, für die ihr von ihren Mitgliedstaaten die Zuständigkeit übertragen wurde.

(4) Jede Mitgliedsorganisation und ihre Mitgliedstaaten gewährleisten, dass jede Änderung im Hinblick auf die Zuständigkeit der Mitgliedsorganisation oder auf ihre Zusammensetzung dem Generalsekretär notifiziert wird; dieser leitet derartige Informationen an die anderen Mitglieder der Konferenz weiter.

(5) Es wird davon ausgegangen, dass die Mitgliedstaaten der Mitgliedsorganisation für alle Angelegenheitenzuständig sind, bezüglich derer die Übertragung der Zuständigkeit nicht ausdrücklich erklärt oder notifiziert worden ist.

(6) Jedes Mitglied der Konferenz kann die Mitgliedsorganisation und ihre Mitgliedstaaten um Auskunft darüber ersuchen, ob die Mitgliedsorganisation für eine bestimmte Frage, mit der die Konferenz befasst ist, zuständig ist. Die Mitgliedsorganisation und ihre Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Auskunft auf solches Ersuchen hin erteilt wird.

(7) Die Mitgliedsorganisation übt ihre Mitgliedsrechte im Wechsel mit ihren Mitgliedstaaten, die Mitglieder der Konferenz sind, in den Bereichen ihrer jeweiligen Zuständigkeit aus.

(8) Die Mitgliedsorganisation kann in Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit in jeder Sitzung der Konferenz, in der sie zur Teilnahme berechtigt ist, ihr Stimmrecht mit der Anzahl von Stimmen ausüben, die der Anzahl der Mitgliedstaaten entspricht, die der Mitgliedsorganisation die Zuständigkeit für die betreffende Angelegenheit übertragen haben und die bei dieser Sitzung stimmberechtigt und für sie angemeldet sind. Wenn die Mitgliedsorganisation ihr Stimmrecht ausübt, üben ihre Mitgliedstaaten das ihrige nicht aus, und umgekehrt.

(9) "Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration" bedeutet eine ausschließlich von souveränen Staaten gebildete internationale Organisation, der ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für eine Reihe von Angelegenheiten übertragen haben, einschließlich der Befugnis, in diesen Angelegenheiten Beschlüsse zu fassen, die für ihre Mitgliedstaaten bindend sind.

Artikel 4

(1) Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und die Politik der Konferenz (im Folgenden als „Rat" bezeichnet), der aus allen Mitgliedern besteht, sichert den Fortgang der Arbeiten der Konferenz. Die Sitzungen des Rates finden grundsätzlich jährlich statt.

(2) Der Rat sichert den Fortgang der Arbeiten der Konferenz mit Hilfe eines Ständigen Büros, dessen Tätigkeit er leitet.

(3) Der Rat prüft alle Vorschläge, die auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden sollen. Er entscheidet frei darüber, was auf Grund dieser Vorschläge zu veranlassen ist.

(4) Die mit Königlichem Dekret vom 20. Februar 1897 zur Förderung der Kodifizierung des Internationalen Privatrechts eingesetzte Niederländische Staatskommission setzt nach Befragung der Mitglieder der Konferenz den Zeitpunkt der diplomatischen Tagungen fest.

(5) Die Staatskommission wendet sich zwecks Einberufung der Mitglieder an die Regierung der Niederlande. Der Vorsitzende der Staatskommission leitet die Tagungen der Konferenz.

(6) Die ordentlichen Tagungen der Konferenz finden grundsätzlich alle vier Jahre statt.

(7) Erforderlichenfalls kann der Rat nach Befragung der Staatskommission die Regierung der Niederlande bitten, die Konferenz zu einer außerordentlichen Tagung einzuberufen.

(8) Der Rat kann die Staatskommission in jeder anderen die Konferenz betreffenden Angelegenheit konsultieren.

Artikel 5

(1) Das Ständige Büro hat seinen Sitz in Den Haag. Es besteht aus einem Generalsekretär und vier Sekretären, die von der Regierung der Niederlande auf Vorschlag der Staatskommission ernannt werden.

(2) Der Generalsekretär und die Sekretäre müssen über angemessene juristische Kenntnisse und praktische Erfahrung verfügen. Bei ihrer Ernennung sind auch eine ausgewogene geographische Vertretung und juristisches Fachwissen zu berücksichtigen.

(3) Die Zahl der Sekretäre kann nach Konsultation des Rates und in Übereinstimmung mit Artikel 10 erhöht werden.

Artikel 6

Unter der Leitung des Rates ist das Ständige Büro beauftragt 

a) mit der Vorbereitung und Organisation der Tagungen der Haager Konferenz sowie der Sitzungen des Rates und aller Sonderausschüsse; b) mit den Arbeiten des Sekretariats der genannten Tagungen und Sitzungen; c) mit allen Aufgaben, die zur Tätigkeit eines Sekretariats gehören.

Artikel 7

(1) Um die Kommunikation zwischen den Mitgliedern der Konferenz und dem Ständigen Büro zu erleichtern, bezeichnet die Regierung eines jeden Mitgliedstaats ein innerstaatliches Organ und jede Mitgliedsorganisation ein Verbindungsorgan.

(2) Das Ständige Büro kann mit allen so bezeichneten Organen sowie den zuständigen internationalen Organisationen korrespondieren.

Artikel 8

(1) Sonderausschüsse können von den Tagungen und, in der Zeit zwischen den Tagungen, vom Rat eingesetzt werden, um Entwürfe von Übereinkommen auszuarbeiten oder Fragen des Internationalen Privatrechts zu untersuchen, die zum Aufgabenbereich der Konferenz gehören.

(2) Die Tagungen, der Rat und die Sonderausschüsse arbeiten, soweit irgend möglich, nach dem Konsensprinzip.

Artikel 9

(1) Die im Jahreshaushalt der Konferenz vorgesehenen Kosten werden auf die Mitgliedstaaten der Konferenz umgelegt.

(2) Eine Mitgliedsorganisation ist nicht verpflichtet, zusätzlich zu ihren Mitgliedstaaten einen Beitrag zum Jahreshaushalt der Konferenz zu leisten; sie zahlt jedoch einen von der Konferenz in Konsultation mit der Mitgliedsorganisation festzusetzenden Betrag, um die zusätzlichen Verwaltungskosten zu decken, die durch ihre Mitgliedschaft entstehen.

(3) In jedem Fall werden die Reise- und Aufenthaltskosten der Delegierten des Rates und der Sonderausschüsse von den vertretenen Mitgliedern getragen.

Artikel 10

(1) Der Haushaltsplan der Konferenz wird dem Rat der diplomatischen Vertreter der Mitgliedstaaten in Den Haag alljährlich zur Genehmigung vorgelegt.

(2) Diese Vertreter bestimmen ebenfalls, wie die nach dem Haushaltsplan von den Mitgliedstaaten zu tragenden Kosten auf diese umgelegt werden.

(3) Die diplomatischen Vertreter treten zu diesem Zweck unter dem Vorsitz des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande zusammen.

Artikel 11

(1) Die durch die ordentlichen und außerordentlichen Tagungen der Konferenz entstehenden Kosten werden von der Regierung der Niederlande getragen.

(2) In jedem Fall werden die Reise- und Aufenthaltskosten der Delegierten von den jeweiligen Mitgliedern getragen.

Artikel 12

Die Gebräuche der Konferenz gelten weiter, soweit sie dieser Satzung oder den Geschäftsordnungen nicht zuwiderlaufen.

Artikel 13

(1) Änderungen dieser Satzung müssen durch Konsens der bei einer Sitzung über Allgemeine Angelegenheiten und die Politik der Konferenz anwesenden Mitgliedstaaten angenommen werden.

(2) Diese Änderungen treten für alle Mitglieder drei Monate, nachdem sie von zwei Dritteln der Mitgliedstaaten inÜbereinstimmung mit ihren innerstaatlichen Verfahren genehmigt worden sind, frühestens jedoch neun Monate nach dem Tag ihrer Annahme, in Kraft.

(3) Die in Absatz 1 bezeichnete Sitzung kann die im Absatz 2 genannten Fristen durch Konsens ändern.

Artikel 14

Um die Durchführung dieser Satzung sicherzustellen, wird sie durch Geschäftsordnungen ergänzt. Diese Geschäftsordnungen  werden durch das Ständige Büro ausgearbeitet und einer diplomatischen Tagung, dem Rat der diplomatischen Vertreter oder dem Rat für Allgemeine Angelegenheiten und die Politik der Konferenz zur Genehmigung vorgelegt.

Artikel 15

(1) Diese Satzung wird den Regierungen der Staaten, die an einer oder mehreren Tagungen der Konferenz teilgenommen haben, zur Annahme vorgelegt. Sie tritt in Kraft, sobald sie von der Mehrheit der auf der Siebenten Tagung vertretenen Staaten angenommen ist.

(2) Die Annahmeerklärung wird bei der niederländischen Regierung hinterlegt, welche die in Absatz 1 genannten Regierungen davon in Kenntnis setzt.

(3) Die niederländische Regierung informiert im Fall der Zulassung eines neuen Mitglieds alle Mitglieder über die Annahmeerklärung dieses neuen Mitglieds.

Artikel 16

(1) Jedes Mitglied kann diese Satzung nach Ablauf eines Zeitabschnitts von fünf Jahren kündigen, der vom Tag ihres Inkrafttretens gemäß Artikel 15 Absatz 1 gerechnet wird.

(2) Die Kündigung ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande spätestens sechs Monate vor Ablauf des Haushaltsjahrs der Konferenz zu notifizieren; sie wird nach Ablauf des genannten Haushaltsjahrs wirksam, jedoch ausschließlich gegenüber dem Mitglied, das die Kündigung notifiziert hat.

 

Der englische und der französische Wortlaut dieser Satzung in der am 30. Juni 2005 geänderten Fassung ist gleichermaßen verbindlich.